Nachtrag vom 2. des Monats: APRIL, APRIL!
Büdingen, 1. April 2014. (hjb) Kurz nachdem die letzten der uralten Eichen im ehemaligen Büdinger Schlosspark der Motorsäge zum Opfer gefallen sind, geht es jetzt auch dem Schloss selbst an den Kragen: Eine Untersuchung der Fundamente des Gemäuers ergab, dass durch den Anstieg des Grundwasserspiegels ein irreparabler Schaden entstanden ist und Einsturzgefahr besteht, so dass Spaziergänger gefährdet wären. Deshalb hat die Stadt zunächst den Zugang gesperrt und eine sofortige Abrissverfügung erlassen. Ab 1. April sollen die Bagger rollen. Auf der Marstallseite haben die Arbeiten bereits begonnen, von einem Gerüst aus werden wiederverwendbare Teile abgebaut und auf Lastwagen verladen. Nennenswertes Inventar ist nicht mehr vorhanden.
Ursache für den Anstieg des Grundwasserpegels ist bekanntermaßen die seit Jahrzehnten vernachlässigte Wasserregulierung am Hain, die aus dem Seemenbach zu viel Wasser in Richtung der ehemaligen Schlosspark-Wiese ableitet. Auch die Entwässerungsgräben dort können schon lange wegen mangelnder Pflege die gewünschte Wassermenge nicht mehr ableiten. Auf die Rückfrage des Kreis-Anzeigers nach einer möglichen Instandsetzung dieser Anlage war keine kompetente Antwort zu bekommen.
Auf der durch den Abriss entstehenden Freifläche sollen bis zu 200 PKW-Stellplätze entstehen, die für die Geschäfte der Altstadt, aber auch die diversen Veranstaltungen eine deutliche Entlastung der bislang stets angespannten Parksituation bringen werden. Auch als Festplatz wäre die zentral gelege Fläche bestens geeignet, die jährlich stattfindende „Landpartie“ soll hier ihre neue Heimat finden. Nicht zuletzt erhofft sich das Fürstenhaus durch die Vermietung der Parkplätze eine Sanierung seiner Finanzlage. Die Parkplatzfläche soll passenderweise auf den erinnerungsträchtigen Namen „Schloss-Park“ getauft werden. So ist gewährleistet, dass der ehemalige Park zumindest in der Erinnerung der Bürger fortleben kann, auch wenn die Mittel zur Wiederherstellung und –bepflanzung fehlen. Für das Areal zwischen dem neuen Parkplatz und dem „Hammer“ sind nach dem ungeahnten Erfolg des Gewerbegebietes „Reichhardsweide“ weitere Gewerbeflächen vorgesehen. Der Büdinger Magistrat begrüßt die Entwicklung mehrheitlich wegen des nach wie vor ungestillten Hungers von Industrie- und Logistikunternehmen nach Gewerbegebieten und führt als zusätzlichen Pluspunkt den Zeitgewinn bei der nach wie vor problematischen Konversion und Vermarktung der Kasernenflächen an.
Doch es gibt auch kritische Stimmen: Joachim Cott, Stadtverordneter und Vorsitzender des Büdinger Geschichtsvereins, hält es für einen unsäglichen Skandal, dass hier ein fast tausendjähriges Monument von nationaler Bedeutung der Abrissbirne zum Opfer fallen soll. „Als Mitglieder der Partei „Die Grünen“ waren mir allerdings die hundertjährigen Eichen des Parks fast noch mehr ans Herz gewachsen, warum soll es also dem Schloss besser gehen als den Bäumen?“ gibt er zu bedenken. Die untere Denkmalschutzbehörde sieht keinen Handlungsbedarf: Das Schloss sei nach Abbruch der Kontakte zum Fürstenhaus bereits vor Jahren aus dem Denkmalkatalog herausgenommen worden, historisch wertvolles Inventar ohnehin an Dritte verkauft.
Der Abriss scheint also beschlossene Sache zu sein. Nostalgisch veranlagten Bürgern sei zum Troste gesagt, dass dadurch bereits in diesem Sommer der „Alt-Büdinger Rundweg“ wieder in voller Länge begehbar sein wird. Für die Attraktivität der Büdinger Altstadt dürfte dies ein echter Gewinn sein.