Die Beuringer Frääsch
Im Jahre des Herrn 1522 vermählte sich Graf Anton von Isenburg mit Elisabeth von Wied. In ihrer 19 Jahre dauernden Ehe gebar Elisabeth ihm 15 Kinder, von denen die meisten früh verstarben. Die arme Seele selbst ist 34 Jahre alt geworden; ihr Gemahl überlebte sie um 18 Jahre und starb 1560.
Doch genug davon; unsere Geschichte spielt sich in den ersten Tagen ihrer Ehe ab…
Als Graf und Gräfin frisch vermählt in das Büdinger Wasserschloss zurückkehrten, bereiteten ihnen die Bürger der Stadt ein großes Willkommensfest und man feierte bis tief in die Nacht. Dann zogen sich die Jungvermählten zurück – und irgendwann legten sie sich zur Ruhe.
Graf Anton schlief bald ein. Elisabeth jedoch lag wach und warf sich hin und her. Aus dem Garten drang Lärm an ihr Ohr, den sie selbst dann kaum zu dämpfen vermochte, als sie sich die Decke über den Kopf zog. Die Frösche im Schlossgraben, der sich unter ihrem Fenster befand, quakten lauthals in die Nacht. Gegen Morgen wurde das Quaken sogar noch lauter. Ohrenbetäubend. Da weckte Elisabeth ihren Anton und schwor, wenn das so weitergehe, kehre sie noch am selben Tag – sobald die Sonne am Himmel stehe – in das elterliche Schloss zurück.
Was blieb dem schlaftrunkenen, überraschten Anton anderes übrig, als so schnell wie möglich zur Tat zu schreiten. Darum wurden alle Bediensteten im Schloss und selbst der Rat der Stadt geweckt. Sie wurden angewiesen, die Frösche rund um das Schloss einzufangen. Und zwar unverzüglich!
Schnell war die ganze Stadt auf den Beinen. Im Schlossgraben wurde eifrig nach Fröschen gefischt. Man fing alle ein. Und brachte sie vor das Rathaus, wo das Froschquaken mit jedem neuen Gefangenen weiter anschwoll.
Die Büdinger berieten, was mit den grünen Gesellen geschehen solle. Egal ob verbrennen, erschießen oder in den Turm werfen: Jeder Vorschlag wurde mit lautem Hallo abgelehnt. Man hörte schließlich sein eigenes Wort nicht mehr vor Menschen- und Froschgequake.
Da wurde es dem Amtmann zu bunt: „Schluss jetzt!“, rief er. „Wir werden die Frösche ertränken. Auf zum Seemenbach!“ Die Frösche wurden also wieder eingesammelt. Man trug sie in Eimern und Schürzen zum Seemenbach vor dem Mühltor. Dort kübelten die Büdinger die Frösche in das Wasser. Viele der grünen Gesellen wurden von der Strömung fortgetragen. Die meisten jedoch blieben und gewöhnten sich rasch an ihre neue Heimat. Sie quakten in den Binsen links und rechts des Baches nun jede Nacht nach Kräften.
Seither nennen sich die schlauen Büdinger mit einem selbstironischen Augenzwinkern „Die Beuringer Frääsch“.
Elisabeth schlief seither selig.